3, 2, 1 … Zukunft

16.11.2020 Jagoda Richter

Am 1. Januar 2021 startet die Sparkasse Südpfalz mit rund 800 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von über fünf Milliarden Euro offiziell ihre Geschäftstätigkeit. Damit entsteht durch den juristischen Zusammenschluss der Sparkassen Südliche Weinstraße und Germersheim-Kandel das zweitgrößte Institut in Rheinland-Pfalz. Mitten im Endspurt der Fusionsvorbereitungen sprechen beide Vorstandsvorsitzenden Bernd Jung und Siegmar Müller im Interview über die strategische Neuausrichtung und den Veränderungsprozess für ihre Mitarbeiter.

Herr Jung, was waren die Beweggründe für die geplante Fusion?

Jung: Beide Häuser sind gut aufgestellt und jeweils Marktführer in ihren prosperierenden Geschäftsgebieten. Dennoch sind beide zu gleichen Teilen der anhaltenden Niedrigzinsphase und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Wachstumszahlen, der fortschreitenden Digitalisierung und der immer weiter zunehmenden Regulierung ausgesetzt. Das haben mein Kollege Siegmar Müller wie auch ich und die Gremienvertreter erkannt. Somit sind wir zu der Entscheidung gekommen: Die Fusion ist der richtige Schritt.

Damit haben wir die Frage nach dem Warum geklärt. Herr Müller, wie sieht die strategische Ausrichtung der neuen Sparkasse Südpfalz aus?

Müller: In erster Linie geht es nun darum, die Stärken beider Häuser zu bündeln, die Zukunft gemeinsam zu gestalten und zusammenzuwachsen. Dabei gilt es, unserem öffentlichen Auftrag uneingeschränkt nachzukommen. Der Zusammenschluss erlaubt uns eine stärkere Spezialisierung und somit eine Erweiterung der Geschäftsfelder. Dadurch möchten wir auch unsere Marktposition weiter ausbauen. Wir sehen die Fusion als strategische Option zur Zukunftssicherung unserer Häuser – dabei ergänzen sich unsere Stärken sehr gut.

Der DSGV skizziert mit der „Digitalen Sparkasse der Zukunft“ ein idealtypisches, digital zukunftsfähig aufgestelltes Institut. Wo stehen Ihre beiden Häuser bei der Digitalisierung? Was versprechen Sie sich durch die Fusion?

Jung:  Das Thema Digitalisierung ist eines der Themen, mit denen wir uns immer stärker auseinandersetzen müssen. Zudem wissen wir unter vertrieblichen Gesichtspunkten, dass die Digitalisierung noch nicht am Ende ist. Daher haben wir diskutiert, wie der Online-Vertrieb organisiert und positioniert werden sollte.

Müller: Wichtig ist zu wissen: Wir haben die Kraft, um noch intensiver in richtungsweisende digitale Strukturen zu investieren, um damit auch auf die immer stärker wachsenden Kundenbedürfnisse einzugehen.

Bis zum juristischen Zusammenschluss verbleiben noch 1 ½ Monate. Damit befinden Sie sich auf der Zielgeraden der Fusionsvorbereitungen. Herr Jung, was muss auf den letzten Metern noch vorbereitet werden?

Jung: Wir haben noch ein gutes Stück Arbeit vor uns. In erster Instanz gilt es, die rechtliche Fusion zum 1. Januar 2021 in trockene Tücher zu bringen. Der zweite große Schritt ist dann die technische Fusion im Frühjahr 2021, die auch für unsere Kunden spürbar sein wird. Ein Dank gilt hier unserer Belegschaft und ich spreche für beide Häuser, denn sie arbeitet mit Hochdruck an der Umsetzung unserer neuen Sparkasse Südpfalz. Genauso wie unser Marktfolge-Partner, der S-Servicepartner Rheinland-Pfalz, der ebenfalls eng im Projekt mitarbeitet.

Herr Müller, ganz Deutschland kämpft seit März mit der Corona-Pandemie. Inwiefern hat diese auch Auswirkungen auf Ihr Fusionsprojekt?

Müller: Die Corona-Pandemie hat Auswirkungen auf beide Häuser, sei es auf die Mitarbeiterausstattung, die Arbeitsprozesse, die eigenen Anlagen oder das Kreditgeschäft. Im Kontext der Fusion finden diverse Projektsitzungen und Arbeitstreffen statt, für die wir aufgrund der Corona-Pandemie alternative Formate finden mussten, um unsere Mitarbeiter zu schützen. Zahlreiche Termine finden daher digital statt, nur so können wir unseren straffen Zeitplan trotz Pandemie einhalten. Auch ein gemeinsames Fusionsevent für alle Mitarbeiter der Sparkasse Südpfalz war fester Bestandteil unser Planungen, kann mit über 800 Mitarbeitern in der aktuellen Situation jedoch leider nicht stattfinden. Dennoch sind wir zuversichtlich auch hierfür ein alternatives Format realisieren zu können und unsere Mitarbeiter hierdurch noch enger zusammen zu bringen.

Eine Fusion geht immer mit Veränderungen einher. Was kommt auf Ihre Mitarbeiter zu?

Jung: Eine Fusion bringt immer Veränderungen mit sich – für jedermann. Wichtig ist jedoch, dass wir nicht nur im Sinne unserer Kunden handeln, sondern auch im Sinne unserer Mitarbeiter und sich jeder in den neuen Strukturen wiederfindet.

Müller: Durch das Zusammenlegen beider Häuser erhoffen wir uns selbstverständlich auch mehr Flexibilität hinsichtlich Führung und agilem Arbeiten. Dies ist jedoch ein Prozess, der nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann. Dennoch haben wir beim Aufbau unserer Bereiche auf eine schlanke und zukunftsgerichtete Organisation geachtet. Dank der Größe und der neuen Bereiche sollen zusätzliche Karrierepfade und Spezialisierungsmöglichkeiten geschaffen werden.

Und wie haben Sie Ihre Mitarbeiter mitgenommen und für den neuen Weg begeistert, Herr Müller?

Müller: Uns war und ist es nach wie vor wichtig, die Mitarbeiter transparent auf dem Weg zur Sparkasse Südpfalz mitzunehmen. Wir haben daher eine Projektgruppe ins Leben gerufen, die sich ausschließlich um die Themen Kultur, Change und Kommunikation kümmert. Hier konnten wir bereits innerhalb kürzester Zeit eine neue Kommunikationsplattform – ein sogenanntes Social Intranet – auf den Weg bringen. Beide Häuser, die in Technik und Raum aktuell noch getrennt voneinander sind, sind so miteinander verbunden. Hier stehen die Kommunikation rund um die Fusion und die Interaktion im Vordergrund. Die Mitarbeiter sind davon begeistert.

Herr Jung, beim Thema Auslagerung haben Ihre beiden Häuser bislang unterschiedliche Ansätze verfolgt. Wie sind Sie bei dem Thema zusammengekommen?

Jung: Das Thema Sourcing ist in einem Fusionsprozess stets von großer Relevanz. Im Findungsprozess haben wir festgestellt, dass wir dank der Fusion sowohl die Ressourcen als auch die Kompetenzen im Haus haben werden, weite Teile, die personell vom Sourcing betroffen sind, im künftigen Haus Sparkasse Südpfalz zu belassen. Dazu gehört auch der S-Servicepartner Rheinland-Pfalz. Er ist seit acht Jahren der strategische Partner in Sachen Marktfolge für die Sparkasse Südliche Weinstraße. Wir bauen auch weiterhin auf die Kompetenz des Servicepartner Rheinland-Pfalz.

Zum Abschluss die Bitte um Ergänzung: Die Fusion war erfolgreich, wenn …

Müller: … wir aus unterschiedlichen Teams eine neue Einheit geformt haben, die an einem Strang zieht. Ob eine Fusion glückt, hängt maßgeblich von den Mitarbeitern ab. Das Thema Kultur und die Perspektiven der Menschen beider Häuser sind dafür entscheidend. 

Jung: … wir es geschafft haben unsere strategischen Ziele umzusetzen, um für die Zukunft am Markt gerüstet zu sein und das Vertrauen unserer Kunden auf unserer Seite haben.

Bernd_Jung_und_Siegmar_Müller