100 Tage nach Start: Sascha Girth blickt in die Zukunft

15.09.2022 Dana Al-Atassi

Herr Girth, vor 100 Tagen haben Sie Ihren neuen Job im S-Servicepartner angetreten. Schon vorher haben Sie mit der PROSERV!CE einen Dienstleister für Sparkassen geführt. Wie intensiv war der Wechsel für Sie?

Girth: Thematisch war der Wechsel für mich gar nicht so intensiv. Beide Dienstleister bewegen sich in der gleichen „Erlebniswelt“ und geben das Beste dafür, Sparkassen zu unterstützen – dabei, ihre wirtschaftlichen Ziele zu erreichen und ihren Kunden exzellente Produkte anzubieten. Dafür helfen uns unsere Industrialisierungsmodelle. Die Denkweise und das Konzept der Industrialisierung sind exakt die Gleichen. Die Reihe Weglassen – Standardisieren – Digitalisieren – Industrialisieren ist in beiden Unternehmen identisch und auch in der Wirkungsweise ähnlich. Denn unterm Strich ist es so: Es gibt keine bessere Idee, als Backoffice-Prozesse zu industrialisieren.

Soviel zur Theorie – wie sieht denn die Umsetzung dieser Idee in der Sparkassenorganisation aus?

Genau die Umsetzung ist häufig eine Hürde und auch eines meiner Fokusthemen direkt zum Start. Sie kennen ja das Zitat: „Machen ist wie wollen, nur krasser.“ Darum geht es, wir müssen schneller umsetzen. Für den S-Servicepartner und die gesamte Sparkassenfamilie gilt, dass wir extrem konzeptstark sind. Es mangelt also weder an Intelligenz, noch an Kapazitäten. Der Einigungsprozess erscheint mir aber zu komplex. Industrialisierung ist keine Raketenwissenschaft, sondern erfordert kluge Produktionsmodelle, stringente Entscheidungen und eine Migration, die für die Sparkassen smart umsetzbar ist.

Was braucht es kulturell in Ihren Augen, um hier schneller voran zu kommen?

Vertrauen, Wertschätzung, Klarheit und eine gute Kommunikation auf Augenhöhe sind aus meiner Erfahrung die Schlüssel zum Erfolg. Dies gilt sowohl für die Zusammenarbeit in der Sparkassenorganisation als auch innerhalb des S-Servicepartners. Hierbei müssen wir vor allem unsere Zusammenarbeitsmodelle kontinuierlich optimieren und zugleich neue Arbeitsformen etablieren, bei denen alle Experten mit ihrem Know-how an einem Tisch sitzen.

Wenn wir schon beim Thema Experten sind. Gute Fachkräfte am Arbeitsmarkt zu finden wird immer schwerer – was hat der S-Servicepartner aus Ihrer Sicht zu bieten?

Der Fachkräftemangel ist für uns alle spürbar. Unsere Gesellschaft verändert sich und wir als Arbeitgeber müssen dies auch tun. Grundsätzlich zahlen wir als Arbeitgeber nicht mehr nur „in Euro“. Vielmehr werden sogenannte „weiche Faktoren“ immer wichtiger und entscheidungsrelevant: Work-Life-Balance, mobiles Arbeiten, attraktive Benefits, Weiterentwicklungsmöglichkeiten, Spaß an der Arbeit und Teamgeist. Und ehrlicherweise sind „Marktfolge-Aufgaben“ auch nicht unbedingt auf den ersten Blick hip und cool. Daher setze ich mich als Führungskraft sehr dafür ein, dass wir im S-Servicepartner für unsere aktuellen und potenziellen Mitarbeitenden ein attraktiver Arbeitgeber sind. Das wird auch einer der Hauptschwerpunkte im Personalbereich sein.

Noch einmal zurück zu den Sparkassen und ihrer Rolle. Warum glauben Sie, ist die Standardisierung und Industrialisierung heute noch nicht so weit vorangeschritten?

Standardisierung wird oft falsch verstanden. Es geht nicht um den Kampf, welcher Prozess der Beste ist. Es geht um einheitliche, gleiche Prozesse. Das ist ein Paradigmenwechsel im Denken. Unter diesem Paradigma wird eine Einigung zwischen Sparkassen und Dienstleistern schneller möglich. Die Auseinandersetzung um den besten Prozess dauert schlicht zu lange. Ein gleicher Prozess hingegen kann schnell in die Industrialisierung gelangen.

Standardisierung ist anstrengend und nur dann erfolgreich, wenn das Ziel klar definiert ist. Das ist in einer dezentralen Organisation schwer. Wir haben die IT (FI) und die Prozessproduktion (PPS 2.0) bereits zentralisiert, die Umsetzung ist aber in der Entscheidung der einzelnen Sparkasse. Dazu kommt, dass es mehrere Dienstleister in der Gruppe mit ähnlichen, aber nicht gleichen Produktionsmodellen gibt. Zugegebenermaßen macht es dieser Fakt nicht leichter für die Sparkassen.

Sie sind in die Fußstapfen von Stefan Haemmerling getreten, der über 20 Jahre als Geschäftsführer eine Vision des S-Servicepartners vorangebracht hat. Auf welches Zielbild arbeiten Sie hin? Was ist Ihnen besonders wichtig?

Mein Ziel ist, dass wir unsere Position als Marktführer weiter ausbauen und künftig jede Sparkasse beim Thema Marktfolge an uns denkt. Nicht nur in Hinblick auf Prozesse und Preise, sondern auch aufgrund transparenter und einfacher Zusammenarbeit sowie einer smarten Migration von der Eigenproduktion in der Sparkasse zur industriellen und vor allem standardisierten Produktion durch uns. Der Kunde muss es einfach haben und neben Kostenvorteilen eine steuerbare Dienstleistung erhalten.

Dafür müssen wir die Prozessproduktion und die IT noch näher zusammenbringen, die Konsolidierung bei den Dienstleistern voranbringen und die Geschwindigkeit der Optimierung in der Organisation deutlich steigern. Das wird uns nur gemeinsam in der Sparkassen-Finanzgruppe gelingen.

Persönlich ist mir zudem wichtig, uns in den Themen Kommunikation, Kultur und Zusammenarbeit vom Wettbewerb zu differenzieren – dafür setze ich mich jeden Tag ein. Um dies zu erreichen sind Verlässlichkeit, Transparenz, Klarheit in der Kommunikation und Fokussierung auf das Wesentliche essentiell. Dies lebe ich sowohl im Umgang mit unseren Kunden als auch mit meinen Mitarbeitenden vor.

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