Nachhaltige Immobilien: Wie die ESG-Kriterien für Immobilien angewandt werden können

16.01.2023 Juliane Schälicke

Kaum ein Thema ist derzeit so medienpräsent wie der Klimaschutz, nicht nur durch die aufsehenerregenden Aktionen der Klimaaktivisten der „Letzten Generation“. Nachhaltigkeit ist längst eines der wichtigsten gesellschaftlichen und politischen Themen. Aus gutem Grund: Die Auswirkungen des Klimawandels spüren wir deutlich. Unwetterkatastrophen wie zuletzt die Flutkatastrophe im Ahrtal zeigen uns: Wie bisher geht es nicht weiter.

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Nachhaltig ist werthaltig

Auf EU- und Bundesebene werden die Vorschriften verschärft, um die Ziele aus dem Pariser Klimaabkommens zur Begrenzung der Erderwärmung zu erreichen. Auch Investmententscheidungen werden zunehmend mit Blick auf Nachhaltigkeit getroffen. Die Nachhaltigkeit hat also auch eine Auswirkung auf die Werthaltigkeit z. B. von Immobilien. Doch wie kann man die Nachhaltigkeit von Immobilien bewerten? Unser Experte Falk Rüdiger gab rund 140 Teilnehmer:innen im Webinar einen Überblick über dieses wichtige Zukunftsthema und aktuelle Handlungsempfehlungen.

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Fokus Immobilie

Immobilien haben einen hohen Anteil am nationalen CO²-Ausstoß. Innerhalb ihres gesamten Lebenszyklus sind sie für rund 40 Prozent verantwortlich – vom Bau über den Betrieb bis zum Abriss. Deutschland hat im Vergleich zu anderen Ländern einen eher alten Immobilienbestand. Daher steht die Modernisierung zunehmend im Fokus der Investitionen.

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Ziel ist es, bis 2050 – also in 27 Jahren – europaweit einen klimaneutralen Immobilienbestand zu haben. Für Deutschland bedeutet dies, dass ein Gebäude dann nur noch 14 kg CO2 (heute 94 kg) und 100 kWh/m² (heute 196 kWh) Endenergie ausstoßen darf.

ESG-Kriterien geben Rahmen

Als Standard für die Beurteilung nachhaltiger Anlagen haben sich die sogenannten ESG-Kriterien etabliert. Diese sind für Immobilien noch nicht ganzheitlich definiert – allerdings gilt das folgende Grundverständnis:

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Nachhaltigkeitsrisiken erkennen und bewerten

Zum Zeitpunkt der Kreditvergabe müssen Banken die ESG-Faktoren bewerten, die den Wert der Sicherheiten beeinflussen, z. B. die Energieeffizienz von Gebäuden. Denn es gibt einige Nachhaltigkeitsrisiken, die erkannt und gesteuert werden müssen – und das über den gesamten Beleihungszeitraum hinweg. Diese ergeben sich aus dem Ziel des klimaneutralen Gebäudebestands bis 2050.

Es ist zu erwarten, dass sich aus regulatorischen Verschärfungen Nachrüstpflichten für ältere Immobilien ergeben, wenn sie mit älteren Heizungsanlagen versehen sind. Die nötigen erwarteten Investitionen können den Beleihungswert mindern. Daneben sollten auch physische Klimarisiken für Immobiliensicherheiten aus Extremwetter-Ereignissen erfasst werden.

Informationen sammeln

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Zur Beurteilung der ESG-Kriterien und zur EU-Taxonomie gibt es noch zahlreiche Unsicherheiten. Jedoch sind bereits Kernsätze an Eigenschaften, Indikatoren und Datenquellen identifizierbar, die einen Startpunkt für ein ausbaufähiges ESG-Scoring darstellen können:

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Fazit

Die Auswirkungen der ESG-Kriterien auf das Marktgeschehen sind aktuell noch nicht greifbar. Für Gutachter kommen künftig neue Aufgaben(-felder) hinzu, die eine hohe Expertise fordern. Doch es werden sich auch neue Chancen, unter anderem im Bereich der Energieberatung, ergeben. In jedem Fall werden die ESG-Kriterien zur weiteren Sensibilisierung von Bauherren, Investoren und Eigentümern führen.

Finanzierungsinstitute sollten bereits heute umfassende Vorbereitungen treffen und beispielsweise Energieausweise zu den Pflichtunterlagen in der Immobilienfinanzierung zählen. Denn unbedingt notwendig ist es, Transparenz zu schaffen und Daten zu sammeln. In ihrer Einschätzung der Werthaltigkeit ist es wichtig, den Markt abzubilden und nicht zu bestimmen. So sind doppelte Wertminderungen bzw. Bestrafungen aufgrund des baulichen Zustands und der damit verbundenen geringeren Nachhaltigkeit zu vermeiden. Das gilt umgekehrt auch für Doppelbelohnungen.

„In Fachgruppen des DSGV beschäftigen wir uns weiterhin intensiv mit der Frage, wie wir Nachhaltigkeitsaspekte in der Praxis der Immobiliengutachten berücksichtigen können. Für den fachlichen Austausch stehe ich gern bereit“, sagt Falk Rüdiger.

Ihr Kontakt für weitere Fragen:

Falk Rüdiger
Leiter Immobiliengutachten
Telefon: +49 30 20877 8052
falk.ruediger@s-servicepartner.de